STATEMENT AUGUST 2021:
*English version below*
Liebe Gäste, Liebe Freund*innen des Hirschenecks
Vor einiger Zeit haben wir an dieser Stelle das übergriffige Verhalten eines Menschen aus dem Kollektiv publik gemacht. Nach etwas über 3 Monaten intensiver interner Auseinandersetzungen, möchten wir nun etwas zu unserem bisherigen Prozess und der Aufarbeitung teilen.
Mit dem Anspruch, die Kette von Gewalt zu durchbrechen, die mit sexualisierten Übergriffen und Grenzüberschreitungen jeglicher Art einher geht, ist es uns wichtig zu beleuchten, was es heisst als Individuen und als Kollektiv Verantwortung zu übernehmen und wie wir dies aktiv tun können.
Selbstreflexion und das Hinterfragen unserer Strukturen sind Voraussetzungen einer nachhaltigen Veränderung und befähigen uns Verantwortung zu übernehmen im Sinne von „antworten können auf...“
Uns zu hinterfragen, wie weit wir diese Gewalt unbewusst oder bewusst ermöglicht, mitgetragen haben oder gescheitert sind, diese zu erkennen oder zu benennen, ermöglicht uns, unser Handlungsspektrum zu erweitern.
Wie sieht dieser Prozess zur Zeit konkret aus?
Es haben sich Kompetenz-Grüppchen gebildet, die verschiedene Aufgaben übernehmen und dafür Sorge tragen, dass möglichst wenig verloren geht bzw. Fäden und Verbindungen aufrechterhalten bleiben:
- Strukturierung für Gesamtprozess, Metaebene und Partizipation im Blick behalten - Austausch, Gespräche, Unterstützung Betroffene und oder Unterstützer*innen
- Kontaktpersonen für den informellen Austausch mit der Übergriffigen Person
- Kommunikation mit Medien und Öffentlichkeit
- Gefäss für Inputs und Bedenken / Raum für Austausch von Empfindungen und Befindlichkeiten (Gefühle wie Angst, Wut, Trauer..nicht-fühlen / Trigger, Widerstände.../ Zustände wie Hilflosigkeit, Orientierungslosigkeit, Verunsicherung...)
In unseren Diskussionen und Gesprächen versuchen wir, sowohl uns als Individuen, Gruppe und (Arbeits-)Organisation, als auch das Hirschi als öffentlichen Ort zu betrachten. Hier einige „Stichworte“ zu den Thematiken, die uns beschäftigen.
Wie können wir für uns „a space as safe as possible“ kreieren, in dem sich alle sicher genug fühlen, Ängste, Verletzungen und Kritik zu teilen. In dem es uns möglich ist, uns und Betroffene auch in schmerzvollen und anstrengenden Prozessen im Austausch gegenseitig zu unterstützen? Einen Space der uns ermöglicht, (Selbst-) Kritik als Impuls und Reflexion als Lernfeld zu nutzen, um Entwicklung und Veränderung zu fördern?
- Reflexion interner Dynamiken
- Erkennen von und Umgang mit Privilegien
- Erforschen eigener Reproduktion von -ismen und Gewalt
- Umgang und Haltung zu Diversität
- Bewusstwerden unserer blinden Flecken
- Un-learning / Horizont und Wissenserweiterung
- nachhaltige Veränderung unserer Kommunikations- und Organisations-Strukturen .....
Hirschi als Öffentlicher Raum:
- Umsetzung der Erkenntnisse im (Arbeits-)Alltag / Awareness und Accountability in der Praxis
(z.B. Erarbeitung Awareness-Konzept / aktives Gestalten einer möglichst diversen Gruppe Hirschi-Mitarbeiter*innen / Unterstützende Angebote für Besucher*innen bei Erleben von Übergriffen / Austausch mit anderen Orten / Angebote für Besucher*innen zur Thematik / Kommunikation und Austausch mit Besucher*innen des Hirschenecks.......)
Folgende Themenfelder werden zur Zeit von Kleingruppen (unter oben genannten Blickwinkeln) be- und erarbeitet und in verschiedenen Formen der ganzen Hirschigruppe präsentiert und zugänglich gemacht:
Hierarchien
Accountability
Awareness
Kommunikation & Beziehungen -ismen und Diskriminierung Diversität
Uns ist klar: das Hirschi ist nicht frei von strukturellen -ismen und jede*r Einzelne nicht frei davon, bewusst oder unbewusst diskriminierendes und gewaltvolles Verhalten zu reproduzieren. Unser Kollektiv ist divers und damit einhergehend auch die Wissens- stände, Bereitschaft und Vorstellungen wie dieser Prozess zu führen ist.
Wir werden uns deshalb auch in Zukunft Zeit und Raum nehmen, in unserem Prozess weiter zu gehen und versuchen diese Divergenzen zu überwinden. Dabei werden sich neue Türen öffnen, neue Fragen auftauchen und hoffentlich nicht nützliche Annahmen, Dogmen und Selbstverständlichkeiten über Bord gehen.
Wir sind dankbar für euer Feedback, eure Unterstützung, für kritische Fragen und eure Solidarität!